Kompetenzzentrum Tourismus

OECD/UNDP (2025)

Wettbewerbsfähigeit | Internationalisierung

Veröffentlichung: 2025

Seitenanzahl: 303

Investitionen in das Klima für Wachstum und Entwicklung – Argumente für verbesserte NDC

Hintergrund

National festgelegte Beiträge zum Klimaschutz (Nationally Determined Contributions – NDC) stehen im Zentrum der internationalen Engagements zur Eindämmung des Klimawandels. Sie sollen nicht nur zur Emissionsminderung beitragen, sondern zunehmend auch als Hebel für nachhaltiges Wachstum, Beschäftigung und Armutsreduktion dienen.

Die Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) und des UN-Entwicklungsprogramms UNDP untersucht anhand globaler Modellierungen, welche wirtschaftlichen und sozialen Effekte ambitioniertere NDC im Jahr 2025 im Vergleich zu einem konservativen Entwicklungspfad entfalten könnten. Im Fokus stehen dabei sowohl kurzfristige Investitionsimpulse als auch langfristige Wohlfahrtseffekte durch die Vermeidung von Klimaschäden.

Zentrale Ergebnisse

Die Studie zeigt auf Basis von drei ökonomischen Modellen, dass ambitionierte NDC wirtschaftlich und sozial positive Wirkungen entfalten können – wenn sie strategisch implementiert und finanziert werden.

  • 0,2  Prozent globales Wirtschaftswachstum bis 2040 durch den angepassenten Ansatz von NDC-Beiträgen – vor allem durch grüne Investitionen, Innovationen und Effizienzgewinne (S. 20, Abb. 1.2).
  • 13 Prozent globales Wirtschaftswachstum bis 2100 im Vergleich allein zu etablierten Maßnahmen – vor allem durch vermiedene Klimaschäden (S. 22, Abb. 1.4).
  • Bis zu 175 Mio. Menschen weniger in extremer Armut bis 2050, wenn Klimapolitik mit Entwicklungspolitik verknüpft wird (S. 27, Abb. 1.5).
  • Weniger Importabhängigkeit und sinkende Strompreise ab 2030, durch den Umstieg auf erneuerbare Energien (S. 28).
  • Leicht positiver globaler Beschäftigungseffekt, aber mit deutlichen sektoralen Verschiebungen (S. 31, Abb. 1.6).
  • Regressive Effekte bei CO₂-Bepreisung möglich, wenn keine Rückverteilungsmaßnahmen erfolgen (S..29).

Relevanz für die Praxis

Die Studie richtet sich insbesondere an politische Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen, die für die nächste NDC-Runde im Jahr 2025 strategische Weichen stellen. Sie unterstreicht:

  • Klimapolitik ist kein Wachstumshemmnis, sondern ökonomisch rational – sofern sie investitionsorientiert, gerecht und strukturell verankert ist.
  • Eine starke politische Einbettung der NDC – insbesondere durch Finanz- und Wirtschaftsressorts – ist zentral für deren Wirksamkeit.
  • Sozial gerechte Übergänge müssen von Anfang an mitgedacht werden, um politische Akzeptanz zu sichern.
  • Private Investitionen benötigen stabile Rahmenbedingungen und glaubwürdige Transformationspfade.

Kritische Würdigung

Die Verbindung von Klima-, Wachstums- und Verteilungsperspektiven überzeugt. Besonders wertvoll ist der Fokus auf die sozialen Auswirkungen und die Betonung politischer Koordination über Ressortgrenzen hinweg.

Der Tourismussektor wird in der Studie nicht eigens berücksichtigt – trotz seiner Relevanz für Emissionen, Beschäftigung und regionale Entwicklung. Auch wenn sich indirekt relevante Ansatzpunkte in den Bereichen Energie, Mobilität und Infrastruktur erkennen lassen, bleibt eine dezidierte sektorale Betrachtung aus. Hier besteht Nachholbedarf in Hinblick auf die Integration tourismuspolitischer Ziele in NDC.

Die Ergebnisse beruhen auf stark aggregierten ökonomischen Modellen. Institutionelle und kulturelle Unterschiede, politische Konflikte und Transformationsbarrieren bleiben unterbelichtet.

Gerade vor dem Hintergrund geopolitischer Instabilität und sektoraler Transformationsrisiken ist die Weiterentwicklung solcher Modellierungen entscheidend – etwa durch stärkere Kontextualisierung, sektorspezifische Tiefenanalysen und die Einbindung partizipativer Politikprozesse. So könnte das volle Potenzial von NDCs als Transformationsinstrument realisiert werden.

Publikation

OECD & UNDP (2025): Investing in Climate for Growth and Development – The Case for Enhanced NDCs. Paris.

Zugänglich unter: https://doi.org/10.1787/16b7cbc7-en

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