Kompetenzzentrum Tourismus

Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR e.V.)

Veröffentlichung: September 2024

Seitenanzahl: 106

Nachhaltigkeit bei Urlaubsreisen: Bewusstseins- und Nachfrageentwicklung und ihre Einflussfaktoren Monitoringbericht auf Basis von Daten der Reiseanalyse 2024

Einleitung

Die Studie „Nachhaltigkeit bei Urlaubsreisen: Bewusstseins- und Nachfrageentwicklung und ihre Einflussfaktoren“ stellt die Ergebnisse des dritten Jahres der Untersuchung zur konsumentenseitigen Bewusstseins- und Nachfrageentwicklung der Nachhaltigkeit bei Urlaubsreisen und ihren Einflussfaktoren im Detail dar. Der Bericht fokussiert sich auf sechs zentrale Indikatoren, deren Entwicklung über die Jahre beobachtet wird. Zudem werden jährlich aktuelle Themen und Perspektiven im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit als Vertiefungsmodule beim Reisen untersucht (Vertiefungsmodul), in diesem Jahr „Nachhaltigkeit und Reiseausgaben“.

Zielsetzung

Indikatoren für faktisches Verhalten sollen das tatsächliche Handeln und die Entscheidungen von Reisenden abbilden. Sie erfassen Informationen über das Verhalten der Menschen während ihrer Reisen, wie die Wahl der Destination, das Vorhandensein von Umweltzeichen bei gebuchten Angeboten und die Nutzung von CO2-Kompensationen. Diese Indikatoren bieten wertvolle Einblicke, wie Reisende in der Praxis nachhaltige Reiseoptionen nutzen und liefern objektive Kennzahlen zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Urlaubsreisen.

Zielgruppe

Alle, die an Nachhaltigkeit und Tourismus interessiert sind.

Methodik

Das Monitoring der Nachhaltigkeit bei Urlaubsreisen wurde erstmals im Jahr 2018 eingeführt. Der Bericht legt den Fokus auf sechs zentrale Indikatoren zur Bewertung der konsumentenseitigen Bewusstseins- und Nachfrageentwicklung in Bezug auf Nachhaltigkeit bei Urlaubsreisen und ihre Einflussfaktoren:

1. Zurückgelegte Entfernungen (Verkehrsleistung) – misst die Anreisedistanzen bei Urlaubsreisen und deren Einfluss auf die Umwelt.

2. Reisedauer nach Unterkunftstyp – erfasst die Anzahl der Reisetage und den Einfluss der Aufenthaltsdauer auf die Nachhaltigkeit.

3. Nutzung von CO2-Kompensation – untersucht, wie häufig Reisende bereit sind, ihre Emissionen zu kompensieren.

4. Nutzung von Angeboten mit Umweltzeichen oder Nachhaltigkeitskennzeichnung – analysiert die Buchungen von Angeboten, die ein Umweltzeichen tragen.

5. Relevanz von Nachhaltigkeitsüberlegungen bei der Reisegestaltung – bewertet, inwieweit Nachhaltigkeit ein entscheidendes Kriterium bei der Reiseplanung darstellt.

6. Einstellung zu Nachhaltigkeit bei Urlaubsreisen – erfasst die subjektiven Einstellungen der Reisenden zur Bedeutung von ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit bei der Planung von Urlaubsreisen.

Ergänzend widmet sich das diesjährige Vertiefungsmodul "Nachhaltigkeit und Reiseausgaben" einer Untersuchung, wie Nachhaltigkeitsmerkmale einer Urlaubsreise die tatsächlichen Ausgaben der Reisenden beeinflussen und wie diese Ausgaben subjektiv bewertet werden.

Ergebnisse

1. Zurückgelegte Entfernungen (Verkehrsleistung)

Die Studie zeigt, dass die Anreisedistanzen der Reisenden nach der Pandemie wieder deutlich zugenommen haben. Der Anteil an Flugreisen ist gestiegen und macht einen großen Teil der Verkehrsleistung aus, während umweltfreundlichere Alternativen wie Bahn- oder Busreisen eine geringere Rolle spielen.

2. Reisedauer nach Unterkunftstyp

Die Analyse der Reisedauer zeigt, dass sich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer je nach Unterkunftstyp verändert hat. Längere Aufenthalte sind in umweltfreundlicheren Unterkunftsformen tendenziell häufiger zu beobachten, was auf ein gewisses Bewusstsein für nachhaltige Reiseformen hinweist.

3. Nutzung von CO2-Kompensation

Die Nutzung von CO2-Kompensationen bleibt weiterhin auf niedrigem Niveau. Nur ein geringer Prozentsatz der Reisenden entschließt sich aktiv dazu, die CO2-Emissionen ihrer Reise zu kompensieren. Trotz gestiegener Sensibilisierung in den letzten Jahren bleibt der tatsächliche Einsatz von Kompensationsmaßnahmen gering.

4. Nutzung von Angeboten mit Umweltzeichen oder Nachhaltigkeitskennzeichnung

Die Buchung von Reiseangeboten mit Umweltzeichen oder anderen Nachhaltigkeitskennzeichnungen hat sich nicht signifikant erhöht. Dies deutet darauf hin, dass solche Kennzeichnungen noch nicht ausreichend Anreize schaffen, um das Buchungsverhalten der Mehrheit der Reisenden nachhaltig zu beeinflussen.

5. Relevanz von Nachhaltigkeitsüberlegungen bei der Reisegestaltung

Nachhaltigkeit spielt bei der Reiseplanung für viele Reisende eine untergeordnete Rolle. Die Bedeutung ökologischer Überlegungen bleibt gering, es sei denn, sie sind mit anderen attraktiven Reisevorteilen kombiniert. Dies zeigt, dass Nachhaltigkeit oft nur ein sekundärer Entscheidungsfaktor ist.

6. Einstellung zu Nachhaltigkeit bei Urlaubsreisen

Die Studie zeigt, dass die positive Einstellung zur Nachhaltigkeit unter den Reisenden zwar gestiegen ist, aber nicht automatisch zu einem entsprechend nachhaltigen Reiseverhalten führt. Die Diskrepanz zwischen Einstellung und Verhalten bleibt eine Herausforderung im Bereich des nachhaltigen Tourismus.

Vertiefungsmodul: Nachhaltigkeit und Reiseausgaben

Die Vertiefungsstudie zeigt ein widersprüchliches Bild: Nachhaltigkeitsmerkmale wie CO2-Kompensation und Umweltzeichen führen häufig zu leicht höheren Ausgaben führen. Dennoch waren Reisen, bei denen Nachhaltigkeit im Vordergrund stand, insgesamt günstiger als Reisen, bei denen Nachhaltigkeit keine Rolle spielte. Als Grund wird die Struktur der Urlaubsreisen ausgemacht, denn kompensierte oder zertifizierte Reiseprodukte finden sich eher auf teuren Flug- und Hotelreisen.

Kritische Würdigung

Das Nachfragemonitoring wurde erstmals im Jahr 2018 eingeführt und für die Jahre 2021–2023 kontinuierlich fortgeführt. Die Analyse zeigt, dass das Reiseverhalten der deutschen Bevölkerung nach den Corona-Reisebeschränkungen weitgehend das Niveau vor der Pandemie erreicht hat, was sowohl positive als auch negative Implikationen für die Nachhaltigkeit im Tourismus hat. Die Ergebnisse weisen auf eine Diskrepanz zwischen der Einstellung zur Nachhaltigkeit und dem tatsächlichen Reiseverhalten hin, was den Bedarf an attraktiveren und zugänglicheren nachhaltigen Angeboten verdeutlicht.

Ein Kritikpunkt ist das Fehlen eines abschließenden Gesamtfazits, das die wichtigsten Ergebnisse zusammenfasst und in einen größeren Zusammenhang stellt. Ein solches Fazit hätte die Kernaussagen der Studie noch klarer herausgestellt. Nichtsdestotrotz bleibt der Bericht ein bedeutender Beitrag zur Diskussion um nachhaltiges Reiseverhalten und bildet eine gut zugängliche Grundlagenforschung, die die Ableitung zahlreicher, praktischer und politischer Maßnahmen im Tourismus ermöglicht.

Die Studie kann hier kostenfrei heruntergeladen werden (externer Download).

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