Publications Office of the European Union
Veröffentlichung: 2023
Seitenanzahl: 40
Der regionale Einfluß des Klimawandels auf die touristische Nachfrage in Europa
Einleitung
Die quantitative Studie "Regional impact of climate change on European tourism demand" des Joint Research Center der europäischen Komission simuliert die möglichen Folgen des Klimawandels auf die europäische Tourismusnachfrage bis 2100 in vier unterschiedlichen Szenarien auf Grundlage von Tourismus- und Klimadaten der vergangenen 20 Jahre.
Die Studie ermöglicht lokalen, nationalen wie supranationalen Stakeholdern des Tourismus die Folgen unterschiedlicher Intensitäten des Klimawandels auf die unterschiedlichen, europäischen Regionen abzuwägen. Aus wissenschaftlicher Perspektive schließt sich die Studie dem Aufruf von Scott und Gössling (2022) an, die Beziehungen zwischen Tourismus und Klimawandel verstärkt zu analysieren.
Vorgehensweise
Die Analyse der Studie ist zweistufig: Zuerst werden für den Zeitraum von 2000-2019 klimatologische mit ökonomischen, insbesondere tourismusspezifischen, Daten von insgesamt 269 europäischen Regionen in Relation gesetzt, um daraus ein Datenmodell zu entwickeln, mit dem die Auswirkungen von Klimaveränderungen auf die touristische Nachfrage von Regionen untersucht werden kann.
Die dazu verwendeten ökonomischen Daten stammen von der europäischen Statistikbehörde EUROSTAT, die beispielsweise auch die monatlichen Übernachtungszahlen pro Region auf EU-Ebene konsolidieren. Die klimatologischen Daten stammen vom ECMWF, dem europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen.
Im zweiten Schritt sind Simulationen der Tourismusnachfrage bis 2100 für unterschiedliche Zukünfte in Abhängigkeit zur Klimaerwärmung simuliert worden, nämlich für vier Erwärmungsszenarien: Die Modellierungen zu 1,5° C und 2°C werden aus dem Pariser Klimaschutzabkommen abgeleitet, 3° C und 4° C als abhängige Parameter ermöglichen darüberhinausgehende Prognosen.
Ergebnisse
Bei einer Erwärmung um 1,5°C wird lediglich ein geringfügiger Nachfragerückgang der touristischen Nachfrage in Südeuropa mit leichten Wachstumsprognosen, insbesondere im Ostseeraum, prognostiziert. Die Modellierung für eine Erwärmung in von Höhe 2°C zeichnet ein ähnliches Bild: Neben dem Ostseeraum wird zuätzlich im Nordsee-Ärmelkanalbereich eine verstärkte Nachfrage prognostiziert, während insbesondere für die östlichen Mittelmeerdestinationen Kreta und Zypern Nachfragerückgänge prognostiziert werden.
Die Süd-Nord-Verschiebung der touristischen Nachfrage verschärft sich bei einer Erwärmung um 3°C erheblich: Für Zentraleuropa, Großbrittanien und Skandinavien sowie die dem gegenüberliegenden Baltikum wird ein mittleres bis starkes Nachfragewachstum bis hin zu 15% prognostiziert, während in den südeuropäischen Inseldestinationen Einbrüche um 10% erwartet werden. Auch das Festland des Mittelsmeers wird von Nachfrageeinbußen erfasst.
Das Worst-Case-Szenario, eine Erwärmung um 4°C, verstärkt die Nachfragerückgänge insbesondere im westlichen Mittelmeerraum und stabilisiert die erhöhte Nachfrage im Nordteil des Untersuchungsgebiets.
Die nachstehend aus der Studie entnommene Gegenüberstellung in Form von Karten fasst die Szenarien gut zusammen:
Kritische Würdigung
Die Studie liefert einen bedeutenden, wissenschaftlichen Beitrag für die Grünen Transformation des Tourismus auf europäischer Ebene. Die Studie unterstreicht die Dringlichkeit von Klimaschutzmaßnahmen unterstreicht und ermöglicht Implikationen für Klimaanpassungsmaßnahen.
Der innovative, methodische Ansatz, ökonomische Daten mit klimatologischen Daten, auf Basis politischer Rahmenabkommen wie dem Pariser Klimaschutzabkommen zu verknüpfen, ermöglicht. Insbesondere die Visualisierungen in Form von Kartengrafiken als „Heatmaps“ ermöglichen einen schnellen und leicht zugänglichen Überblick zu den Konsequenzen des Klimawandels auf die Tourismusnachfrage in Räumen unterschiedlicher Größe – von einzelnen Destinationen über Nationen bis hin zu geographischen Großregionen Europas.
Die Studie kann hier kostenfrei heruntergeladen werden (externer Download).
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