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02.06.2023

ADAC

ADAC Tourismusstudie 2023: So wollen die Deutschen nach drei Krisenjahren reisen

Studie | Faktor Mensch | Klimaschutz und Nachhaltigkeit | Corona

Veröffentlichung: März 2023

Seitenanzahl: 79

Einleitung

Die ADAC Tourismusstudie 2023 untersucht Veränderungen und
Entwicklungen des Reiseverhaltens deutscher Reisender im Kontext
der vergangenen krisengeprägten Jahre. Zudem werden besondere
Augenmerke auf veränderte Bedürfnisse bei Reiselust, im Buchungsverhalten sowie neuer Sicherheitsbedürfnisse gelegt.

Ziel der Studie

Die Ergebnisse der Studie sollen Erkenntnisse zu den Auswirkungen und Perspektiven im Reiseverhalten der Konsumenten in Deutschland liefern.

Die zentralen Fragen der ADAC Tourismusstudie 2023 sind:

  • Wie haben sich das Reiseverhalten und das Buchungsverhalten der Deutschen durch die Krisen (gesundheitliche Krisen, wirtschaftliche Krisen und politische Konflikte) der letzten drei Jahre verändert und welche zukünftigen Auswirkungen befürchten die Reisenden?
  • Welche Bedeutung nehmen u. a. nachhaltige Reisefaktoren bei deutschen Reisenden ein?
  • Ist der Trend „Workation“ in Deutschland bereits angekommen und für welche Berufsgruppen kommt dieses Arbeitsmodell in Frage?

Für wen ist es relevant?

Die Studie richtet sich an Akteure der gesamten deutschen Tourismusbranche sowie an politische Entscheidungsträger. Darüber hinaus richten sich die Erkenntnisse auch an die breite Fachöffentlichkeit und Verantwortliche in der Mobilitätsplanung und -entwicklung sowie an Mobilitätsanbieter.

Wie wurde vorgegangen?

Bereits Ende 2020 führte der ADAC mit Blick auf die pandemiebedingten Maßnahmen und ihren Auswirkungen auf das Reiseverhalten eine Tourismusstudie durch. Die hier vorliegende Studie schließt an diese Erkenntnisse an und analysiert Veränderungen und Entwicklungen im Verhalten der Reisenden im Hinblick auf die abklingende Covid-19-Pandemie und dem Aufkommen neuer wirtschaftlicher Krisen und politischer Konflikte.

Im Zuge der Erhebung zur Studie wurden bundesweit über 5.000 Menschen ab 18 Jahren mittels Online-Interviews im Zeitraum vom 06. bis zum 20. Dezember 2022 befragt.

Die ADAC Tourismusstudie 2023 unterteilt sich in sechs inhaltliche Themengebiete:

  • Reise-Setup in Krisenzeiten in der Zeitreihen-Betrachtung
  • Zufriedenheit der Reisenden & Reiseerlebnis
  • Urlaubabsicht im nächsten Jahr: Ausblick 2023
  • Einstellungen zu Reisen im Zeichen der Herausforderungen unserer Zeit
  • Fokus: Relevanz von Nachhaltigkeit beim Reisen
  • Fokus: Workation

Was sind die zentralen Ergebnisse

Die Studie des ADAC zeigt folgende Veränderungen im Reiseverhalten der Deutschen durch die Krisen der letzten Jahre auf:

  • Deutschland profitiert als Reiseziel weiter vom Zuwachs der Pandemie-Zeiten ebenso wie Individualreisen. Darüber hinaus haben die Reisenden Deutschland als Urlaubsziel während der Pandemie zu schätzen gelernt und fast ein Drittel der Befragten plant auch in Zukunft ihren Urlaub in Deutschland zu verbringen.
  • Passend hierzu ist die Entwicklung der Verkehrsmittel: Die für Reisen innerhalb Deutschlands relevanten Verkehrsträger Auto und Zug steigern ihre Anteile, wohingegen die Anteile bei Flugreisen zurückgehen.
  • Die Einschränkungen der vergangenen drei Jahre steigern das Bedürfnis nach Reisen im Jahr 2023. So zeigt die Studie, dass jeder Dritte von einer Steigerung des eigenen Urlaubsbedürfnisses gegenüber dem Vorjahr ausgeht. Gleichzeitig sind jedoch auch Sicherheitsbedürfnisse auf Reisen gestiegen, die sich auch im Buchungsverhalten der Befragten widerspiegeln.
  • Die Reisebudgets werden durch Energiekrise und Inflation nur teilweise eingeschränkt. So erwarten mehr als die Hälfte der Befragten keine Veränderung, knapp über ein Viertel rechnet sogar mit einem höheren Urlaubsbudget. Jedoch hat sich der Anteil derjenigen, die sich einschränken müssen, gegenüber 2021  mehr als verdoppelt (von 11 Prozent im Jahr 2021 auf 24 Prozent im Jahr 2023).

Nachhaltigkeit am Urlaubsort ist für die Reisenden zwar wichtig, beeinflusst laut Studie aber das Handeln kaum und scheint kein Treiber im Buchungsverhalten zu sein.

  • So ist für die Befragten eine intakte Natur vor Ort einer der wichtigsten Buchungsfaktoren. Die Studie zeigt jedoch, dass Faktoren wie der CO2-Fußabdruck der Reise, soziale Nachhaltigkeit oder nachhaltige Mobilität bislang auf den letzten Plätzen der Entscheidungskriterien für eine Buchung rangieren.
  • Auch die Bereitschaft, einen moderaten Aufpreis für nachhaltige Zusatzleistungen zu zahlen, ist laut Studie bislang gering ausgeprägt.

Laut der ADAC Studie stößt „Workation“ – also das Arbeiten an oder von einem Ferien-/ Urlaubsort statt am Standort des Arbeitgebers oder zu Hause – auf ein reges Interesse, ist aber bislang noch kein Trend.

  • Bei zwei Drittel der befragten Berufstätigen, bei denen die Möglichkeit zum Arbeitsmodell „Workation“ besteht, stößt diese Arbeitsform auf großes Interesse.
  • Jeder zehnte befragte Berufstätige nutzt sie bereits oder hat die Arbeitgeberfreigabe dafür.
  • Mehr als die Hälfte der befragten Berufstätigen gibt jedoch an, dass diese Arbeitsform im eigenen Beruf prinzipiell nicht möglich ist.

Welche Konsequenzen lassen sich daraus ableiten?

Das Reisebedürfnis der Befragten scheint in unsicheren Zeiten krisenfest zu sein. Die Studie zeigt, dass die Krisen der letzten Jahre die Reiselust der Deutschen nicht dauerhaft verändern. Von diesem Signal und dem Trend zum Urlaub in Deutschland kann vor allem die deutsche Tourismusbranche profitieren. Jedoch: ebenfalls von den aktuellen Krisen getrieben, müssen sich mehr Menschen in ihren Urlaubswünschen durch ein geringeres Reisebudget einschränken. Hieraus entsteht für Branche und Politik zum einen die Möglichkeit, Deutschland als Destination zukunftsfähig weiterzuentwickeln, zum anderen aber auch die Aufgabe, für die steigende Zahl an Reisenden mit kleinerem Budget ein Angebot zu schaffen, das auch ihren Reisebedürfnissen und -möglichkeiten Rechnung trägt.

Anbieter sind konkret gefordert, die gestiegenen Sicherheitsbedürfnisse ihrer Kunden wahrzunehmen und ihnen durch bspw. flexible Angebote sowie verlässliche aktuelle Reiseinformationen entgegenzukommen.

Maßnahmen zur Förderung der Verkehrsinfrastruktur und eine störungsfreiere Mobilität sowie eine Verbesserung des Verbraucherschutzes im Reiserecht können durch vor allem politisches Handeln eine weitere Brücke zur Stärkung des Sicherheitsgefühls der Reisenden erschließen.

Es zeigt sich, dass nachhaltige Reiseangebote auf Seiten der Befragten gewünscht und geschätzt werden. Die noch geringe Aufpreisbereitschaft spiegelt jedoch wider, dass Nachhaltigkeit noch kein Treiber im Buchungsverhalten darstellt. Ein verstärkter Dialog zwischen Branche und Politik erscheint hier als ein wirkungsvolles Mittel für ein Vorantreiben des Nachhaltigkeitsgedankens und dem Aufstellen von Leitlinien zur Umsetzung konkreter Maßnahmen für die deutsche Tourismuswirtschaft.

Die Arbeitsform „Workation“ stößt bei Berufstätigen in Berufsfeldern, in welchen die Möglichkeit zur Umsetzung besteht, auf Interesse. Eine rechtzeitige Auseinandersetzung mit dieser Thematik sollte von deutschen Unternehmen nicht vernachlässigt werden.

Kritische Würdigung

Die ADAC Tourismusstudie 2023 beschreibt durch eine eigens in Auftrag gegebene Ergebung und mit Verknüpfung einer im Jahr 2020 vorangegangen Studie Erkenntnisse und Auswirkungen der vergangenen Krisenjahre auf das Reiseverhalten deutscher Reisenden. Die Studie bildet einen Überblick krisenbedingter Veränderungen/ Beeinträchtigungen der Jahre 2021 – 2023 zu den Themen Reiselust, Reiseform und -ziel, Reisebudget, Verkehrsmittelwahl und Buchungsverhalten. Weitere inhaltliche Themenpunkte sind veränderte Sicherheitsbedürfnisse, die Relevanz und Aufpreisbereitschaft von nachhaltigen Angeboten aus Sicht der Reisenden sowie „Workation“ als Verbindungsstück zwischen Arbeit und Urlaub. Darüber hinaus dokumentieren die Autoren ihre Schlussfolgerungen mit möglichen Handlungsoptionen für Branche und Politik. Insgesamt gelingt es den Autoren, einen Verlauf zum krisenbedingten Wandel im Reiseverhalten der deutschen Reisenden zu validieren und zukünftige Perspektiven sowie Herausforderungen aufzuzeigen und zugleich mögliche Aufgaben den Akteuren zuzuweisen.

Die Studie des ADAC kann hier kostenfrei heruntergeladen werden (externer Download).

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