Kompetenzzentrum Tourismus

Workshop: So gelingt ausgewogene Tourismusentwicklung

Wie bekommen wir den Tourismus in Balance? Impulse für eine ausgewogene Tourismusentwicklung zu finden war das Ziel unseres Online-Workshops, der mehr als 100 Gäste aus Politik, Wissenschaft und Tourismuswirtschaft. Die Ergebnisse der Online-Umfrage zur Tourismusakzeptanz wurden erstmals präsentiert.

Was bedeutet „Tourismus in Balance“?

Prof. Dr. Heinz-Dieter Quack, Leiter des Kompetenzzentrums Tourismus des Bundes, eröffnete den Workshop und führte in das Konzept „Tourismus in Balance“ ein. Der Begriff beschreibt das Spannungsverhältnis zwischen der Wettbewerbsfähigkeit des Tourismus einerseits und den Interessen der lokalen Bevölkerung andererseits. Ziel sei es, diese Aspekte in Einklang zu bringen: bezahlbares Wohnen, Partizipation, faire Nachhaltigkeit, Mobilität und Erreichbarkeit, starke Regionalökonomie, Zugang zu touristischen Angeboten,

Wahrung der Identität und gesellschaftlicher Mehrwert auf der einen Seite sowie bezahlbare touristische Leistungen, Bürokratieabbau, authentische Kommunikation, starke Anbindung des Reiseziels, effiziente Wertschöpfungsketten, gesicherter Zugang und Qualität der Angebote, regionale Identität und Lebensqualität durch den Tourismus auf der anderen Seite.

Online-Umfrage: Mobilität und Erreichbarkeit sind zentrale Themen

In der Online-Umfrage mit 1.331 Antworten zeigte sich ein breiter Konsens zwischen Einheimischen und Touristikern über die Bedeutung der Themen. Insbesondere Mobilität und Erreichbarkeit wurden von beiden Gruppen als besonders relevant hervorgehoben. Einheimische empfinden stärkere Spannungen als die Tourismuswirtschaft, vor allem bei Nachhaltigkeit, Teilhabe und gesellschaftlichem Mehrwert.

Beide Gruppen erwarten eine Zunahme der Probleme; die Tourismuswirtschaft blickt dabei pessimistischer in die Zukunft. Auffällig ist, dass geringe Einflussmöglichkeiten bei zentralen Themen wie bezahlbarem Wohnen oder Mobilität gesehen werden. Dies deutet auf ein Kipppunkt-Szenario für die Tourismusakzeptanz hin und eröffnet die Chance, die Tourismuswirtschaft als „Agent of Change“ zu positionieren.

Dr. Christoph Ploß

Alle Ergebnisse der Online-Umfrage gibt es in unserer Präsentation zum Download.

Best Practice: Lebensraumkonzept liefert Angebote für beide Parteien

Maximilian Hillmeier. Tourismusdirektor Bad Hindelang, präsentierte das lokale „Lebensraumkonzept 2030“, das Tourismus, Berglandwirtschaft und Regionalwirtschaft miteinander verknüpft. 80 % der Gemeindefläche sind Natur- oder Landschaftsschutzgebiet, alle 60 Bergbauern wirtschaften naturnah. Schwerpunkte sind Gemeinschaft, Familienbetriebe, nachhaltiger Tourismus, Mobilitätslösungen, Wohnraum für Einheimische und Klimaneutralität bis 2040. Mit Angeboten wie der Bad Hindelang PLUS-Karte und dem Mobil Pass Allgäu wird nachhaltige Mobilität gefördert und touristische Leistungspakete attraktiv gebündelt.

Dr. Christoph Ploß, MdB: Tourismus ist wichtiger Teil der Wirtschaft

Dr. Christoph Ploß, MdB, Koordinator der Bundesregierung für maritime Wirtschaft und Tourismus, betonte die Bedeutung des Tourismus für den Wirtschaftsstandort Deutschland: Etwa 4 Prozent der Wertschöpfung entfielen auf die Branche, so Ploß. Wichtige Themen seien die zukunftsfähige Gestaltung des Standorts, der Abbau von Bürokratie etwa durch Praxischecks, die bereits beschlossene Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie sowie die Digitalisierung der Branche.

Ploß verwies auch auch auf starke Belastungen durch Tourismus in einigen Regionen und mahnte an, die Tourismusakzeptanz ernst zu nehmen – ein Thema, das auch auf den Treffen der europäischen Tourismusminister diskutiert werde. Gerade aus Südeuropa werde über Widerstände gegen den Tourismus berichtet, bedingt durch Alltagsbelastungen und ungleiche Infrastrukturkosten-Nutzen-Verteilungen. Deutschland werde als Reiseziel attraktiver, weshalb eine Steuerung von Besucherströmen und eine Weiterentwicklung der Tourismusstrategie nötig seien. Als Beispiel führte er KI-gestützte Besucherlenkung an und rief die Tourismuswirtschaft dazu auf, Best Practices einzureichen, die in das Leitbild der neuen nationalen Tourismusstrategie einfließen können.

Podiumsdiskussion: Gemeinsame Herausforderungen, vielfältige Lösungen

In einer Podiumsdiskussion wurde das Konzept „Tourismus in Balance“ intensiv diskutiert und konkret weitergedacht. Dabei wurde klar, dass trotz ähnelnder Herausforderungen auf unterschiedlichen Ebenen und Regionen Erfolgsfaktoren unterschiedlich sind. Die Teilnehmer stellten eine breite Palette von Maßnahmen und Handlungsempfehlungen vor.

  • Dr. Christoph Ploß, MbB, Koordinator der Bundesregierung für maritime Wirtschaft und Tourismus, unterstrich, dass der Tourismus in vielen Regionen Deutschlands die wichtigste Branche und ein zentraler Wirtschaftsfaktor ist. Damit der Tourismusstandort Deutschland zukunftsfähig bleibt, müsse der Dialog zwischen Politik, Wirtschaft, Kommunen und Einheimischen kontinuierlich fortgeführt werden. Er hob hervor, wie wichtig es sei, Best Practices sichtbar zu machen, und stellte die Frage nach der Steuerung, wie die Kommunen vor Ort noch besser an der Entwicklung des Tourismus partizipieren können.

  • Dr. Heike Döll-König, Geschäftsführerin Tourismus NRW, betonte, dass der Tourismus eine klare Haltung brauche und dass der Einsatz für Tourismusakzeptanz auf allen Ebenen erfolgen müsse. Sie unterstrich die Bedeutung der Tourismuswissenschaft, um Wirkungszusammenhänge zu verstehen und Kommunikation zu ermöglichen, und forderte neue Kompetenzprofile in Bürgerbeteiligung, Netzwerkarbeit und Stakeholdermanagement.

  • Dr. Sabine Rödel, Bürgermeisterin Bad Hindelang, hob hervor, dass es sowohl positive Kampagnen als auch, wenn nötig, Regulierungen brauche, wobei Verbote nur als Ultima Ratio eingesetzt werden sollten. Die lokale Ebene müsse dabei in besonderem Maße auf die Finanzierung achten.
  • Norbert Kunz, Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes (DTV), forderte ein Narrativ für qualitatives Wachstum, das die Vorteile für Einheimische klar herausstellt, und wies auf die Rahmenbedingungen hin, die der Tourismus aktiv mitgestalten müsse.
  • Álvaro Blanco Volmer, Botschaftsrat des Spanischen Fremdenverkehrsamtes (Turespaña) in Berlin, betonte die Kooperationen mit der deutschen Tourismuswirtschaft und forderte, Daten über klassische Reiseanalysen hinaus für die Steuerung nutzbar zu machen.
  • Sven Liebert, Generalsekretär des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW), schloss mit dem Appell, dass der gegenseitige Austausch aller touristischen Akteure zentral sei und fortgeführt werden müsse.

Fazit: Vier wichtige Erfolgsfaktoren

Der Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftsmotor, besonders im ländlichen Raum. Der Wandel werde sich eher beschleunigen. Für den langfristigen Erfolg müsse es gelingen, die Interessen der Bevölkerung und die Rahmenbedingungen der Wirtschaft in Einklang zu bringen, bilanzierte Prof. Dr. Heinz-Dieter Quack zum Abschluss. Für die Zukunft seien vier Punkte entscheidend:

  • Die Rahmenbedingungen für den Tourismus müssten verbessert werden, etwa durch Bürokratieabbau und Investitionen in Infrastruktur.
  • Teilhabe muss möglich sein, etwa durch Zugang zu touristischen Angeboten für alle und den generellen Erhalt der Lebensqualität.
  • Innovationen solten gefördert werden, um die Zukunft des Tourismus anzustoßen
  • Kooperationen sollten vertieft und ausgebaut werden. Das gilt insbesondere für das Zusammenspiel von Politik, Wirtschaft und Bevölkerung.

Die vollständige Workshoppräsentation gibt es hier zum Download.

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